Vom prophetischen Wort zur prophetischen Tradition

Wie konnte sich aus den innerprophetischen Konflikten der vorexilischen Zeit in nachexilischer Zeit eine Ablehnung aller gegenwrtigen und zuknftigen Prophetie zugunsten der Auslegung autoritativer Texte entwickeln? Oder, anders gesagt, was gab den Anla fr die theologiegeschichtliche Bewegung vom prophetischen Wort zu seiner Auslegung? Armin Lange untersucht fr diese Frage wichtige Bibelstellen aus den prophetischen Texten Amos, Micha, Jesaja, Zephanja, Jeremia, Ezechiel und Sacharja sowie aus den Klageliedern. Whrend aktuelle Prophetie und Tradentenprophetie in vorexilischer Zeit in einem In- und Miteinander existierten, wurde in nachexilischer Zeit die aktuelle Prophetie von der Tradentenprophetie in eine Randexistenz gedrngt. Armin Lange sieht den Grund fr diesen Verdrngungsproze in den Erfahrungen der sptvorexilischen und frhnachexilischen Zeit. Die Bestndigkeit der zionstheologischen Heilsverkndigung trug in den Augen deuteronomistisch geprgter Kreise (so etwa der deuteronomistischen Jeremiaredaktion) eine entscheidende Mitverantwortung fr die Katastrophe von 587 v. Chr. Deshalb wurde die aktuelle Prophetie whrend des Neubaus des Jerusalemer Tempels 520-515 v. Chr. im ganzen in Frage gestellt und die prophetische Prophetenauslegung trat an ihre Stelle.