Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit

Generalklauseln wie Treu und Glauben oder die Guten Sitten werden in der gegenwrtigen Privatrechtsdiskussion meist unter dem Aspekt ihrer nheren Konkretisierung behandelt, die ausgehend von den Grundstzen der hergebrachten juristischen Methodenlehre auf die Ableitung prziserer, unmittelbar anwendbarer Rechtsstze gerichtet ist. Marietta Auer hinterfragt diesen Anspruch kritisch und zeigt, da die Problematik der Generalklauseln nur von einem der herkmmlichen Methodenlehre bergeordneten rechtstheoretischen Blickwinkel, der die zwischen den Grundwertungen des Privatrechtsdenkens bestehenden Antinomien in ihrem historisch wandelbaren Spannungsverhltnis in den Mittelpunkt stellt, angemessen erfat werden kann. Auf dieser Grundlage erweist sich die Entwicklung der Generalklauseln whrend des 20. Jahrhunderts sowohl im deutschen als auch im amerikanischen Recht als Ausdruck der das gesamte Privatrechtsdenken prgenden Grundkonflikte zwischen Individualismus und Kollektivismus, Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit sowie zwischen Richterbindung und Richterfreiheit, von deren Bercksichtigung damit auch jede theoretische Behandlung der Generalklauselproblematik auszugehen hat. Ziel der Untersuchung ist damit ein Paradigmenwechsel in der Privatrechtstheorie, der ber die Problematik der Generalklauseln hinaus von Bedeutung ist.