Spaltung und Multiplikation des Ichs

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,5, Universitt Siegen, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Figur des Doppelgngers als Ausdruck innerer Gespaltenheit galt als eines der beliebtesten literarischen Motive in der Romantik sowie im 19. Jahrhundert. Mit dieser Vorstellung vermochten Dichter, den Verlust des einheitlichen, intakten Persnlichkeitsbewusstseins
sowie der lckenlosen Kontinuitt des Ichs zu demonstrieren. Rund ein Jahrhundert spter erhielt jener literarische Motivkomplex durch die Psychoanalyse Freuds sein theoretisches Pendant. Nunmehr bedurfte die zuvor rtselhaft und nebuls anmutende Spaltungserfahrung nicht mehr mythologischer Erklrungsweisen, sondern erschien vor dem Hintergrund der psychologischen Erluterungen geradezu evident: Der Doppelgnger wurde
als Konsequenz der Spannungen innerhalb des psychischen Apparats begriffen und als Verkrperung verdrngter Ich-Aspekte betrachtet.
Was nun begann, war eine Doppelgngergeschichte von Literatur und Psychoanalyse, die - entsprechend dem Lacanschen Spiegelstadium, in dem das Bild vor dem Abgebildete ist - Verwirrung ber die Chronologie und das Urheberrecht verursachte: Wie vermochten die
Autoren des 19. Jahrhunderts die ein halbes Jahrhundert spter generierten psychoanalytischen Theorien antizipierend in ihr Werk aufgenommen haben? Kritiker postulierten gar,
diese Bezge seien inszeniert, die Psychoanalytiker htten die literarischen Texte lediglich fr die knstliche Umsetzung ihrer wissenschaftlichen Theorien missbraucht. ber solche
Diskussionen hinweg wird zumal der springende Punkt bersehen - das Endergebnis: Die
psychoanalytische Textinterpretation bietet eine faszinierende Lesweise, mit der eine neue
psychologische Dimension literarischer Werke erschlossen werden kann.
In dieser Abhandlung werden in Anlehnung an die psychoanalytische Textinterpretation
zwei Werke des 19. Jahrhunderts