Roter und schwarzer Moloch

Für den 16-jährigen Schüler der NPEA (Napola) Loben/Annaberg in Schlesien war es eine selbstverständliche Pflicht, noch am 15. April 1945 direkt von der Schulbank an die Neiße-Front zu eilen, um mitzuhelfen, den Einfall der Russen auf deutschen Boden zu verhindern. Nach langem vorbereitenden Trommelfeuer setzten gerade an diesem Tag die Russen zum entscheidenden Vernichtungsschlag an. Schwere Rückzugsgefechte gegen eine erdrückende Übermacht führten schließlich bis nach Olmütz, wo die Kapitulation eine chaotische Fluchtbewegung nach Westen auslöste. Der Versuch der Panzer-Aufklärungsabteilung, noch am 12. Mai 1945 die amerikanischen Linien bei Tabor an der Moldau zu erreichen, misslang. Die Russen waren schneller. Millionen deutsche Soldaten mussten den Weg in die gefürchtete russische Kriegsgefangenschaft antreten. Niemand konnte ahnen, dass ein beispielloser Opfergang begann, der für den Schüler erst nach 5 Jahren mit der Heimkehr 1950 endete.In einer für die Entwicklung der jungen Persönlichkeit so entscheidenden Phase musste unter unmenschlichen, oft lebensbedrohlichen Verhältnissen der Kampf um das Überleben geführt werden. Die durch die Realität und die Sowjetpropaganda angeregte Auseinandersetzung mit den Ideologien des Nationalsozialismus und dem Marxismus-Leninismus, verhalf nach quälendem Bemühen zu beschämenden Einsichten und einer neuen Lebenseinstellung. Nach der Heimkehr im Jahre 1950 nicht ohne physische und psychische Blessuren gelang nach einem anstrengenden Wettlauf mit der Zeit fünf Jahre waren aufzuholen der Neuanfang für ein letztlich noch erfülltes Leben. Es ist kein Zufall, dass es erst nach beinahe 60 Jahren gelang, die Erfahrungen und Erkenntnisse in der russischen Kriegsgefangenschaft zu verarbeiten. Der jungen Generation kann man nur wünschen, dass sie sich niemals von Utopisten und Verführern einfangen und missbrauchen lässt. Wir haben einen hohen Preis bezahlt.